Jedes Jahr erleiden rund 15 Millionen Menschen einen Schlaganfall, wobei die Sterberate bei einem Drittel liegt. Ein weiteres Drittel davon erleidet dauerhafte körperliche Einschränkungen, welche durch Standardtherapien nicht vollständig rehabilitiert werden können. Dadurch sinkt die Lebensqualität von SchlaganfallpatientInnen.
Eine über längeren Zeitraum eingeschränkte Bewegungsfreiheit von SchlafanfallpatientInnen erhöhen das Risiko für Folgeerkrankungen, zum Beispiel Pneumonie, Thrombose oder Kontrakturen. Aus diesen Gründen ist es besonders wichtig die Therapie möglichst effektiv und effizient zu gestalten.
Bei recoveriX handelt sich um ein weltweit einzigartiges Brain-Computer-Interface (BCI) System, welches speziell für die Rehabilitation von Schlaganfallpatienten entwickelt wurde. Es soll den Patienten zusätzlich zur Standardtherapie unterstützen, die Funktion der oberen und unteren Extremitäten zurückzuerlangen oder zu verbessern. Die Einsatzmöglichkeiten erstrecken sich dabei von akuten bis chronischen Insulten.
Die Brain-Computer-Interface Technologie ist eine Verbindung zwischen Gehirn und Computer, wodurch die Steuerung eines externen Systems durch die Messung der Gehirnaktivitäten ermöglicht wird, ganz ohne dem Einsatz des peripheren Nervensystems bzw. der Extremitäten.
Das System basiert auf gedankliche Bewegungsvorstellungen (Motor Imagery), visuelle Simulationen (VIrtual Reality) und elektrische Muskelstimulation (FES). Da die Vorstellung einer Bewegung im motorischen Kortex ähnliche Aktivitäten erzeugen wie eine echte Bewegung, ist es möglich durch Brain-Computer Interface bzw. der Messung und Verarbeitung von Gehirnaktivitäten eine verbesserte Funktionsanbahnung der paretischen (gelähmten) Muskulatur zu ermöglichen.
Die Kombination aus 3 verschiedenen Therapieansätzen ermöglicht eine Maximierung des Therapieerfolges:
Der/die PatientIn bekommt den Auftrag sich eine Bewegung der Arme oder Beine vorzustellen (z.B. eine Dorsalextension). Die Bewegungsvorstellung wird mithilfe einer EEG-Haube gemessen und über einen Biosignalverstärker an einen PC weitergeleitet. Das Signal wird dann vom recoveriX-System ausgewertet und löst zwei Arten des Feedbacks aus: Virtual Reality und FES.
PatientInnen setzen sich aktiv mit der Bewegung auseinander, wodurch das zuständige Areal im Gehirn aktiviert wird und die Plastizität des Gehirns bei der Bildung neuer zuständiger Areale unterstützt.
Im Gegensatz zur konventionellen Physiotherapie garantiert das BCI, dass das visuelle und haptische Feedback (Virtual Reality und FES) nur dann durchgeführt wird, wenn sich der/die PatientIn die Bewegung tatsächlich vorstellt.
Die gleichzeitige Aktivierung von relevanten Gehirnarealen und peripheren Neuronen fördert das Prinzip der Hebbschen Lernregel.
Wenn sich PatientInnen in Gedanken eine Arm- oder Beinbewegung vorstellen, dann bekommen sie ein Echtzeit-Feedback im Form eines virtuellen Avatars. Dafür sitzt der/die PatientIn vor einem Bildschirm (ähnlich der Spiegeltherapie) an dem der Avatar aus der eigenen Perspektive sichtbar ist. Dieser Avatar führt die vorgestellte Bewegung der Arme oder Beine durch.
Dieses Echtzeit-Feedback ist sehr einfach zu verstehen. Wenn sich PatientInnen die richtige Bewegung vorstellen, dann führt der Avatar die entsprechende Bewegung aus.
Die Erfahrung ist so ähnlich als würde man sich selbst im Spiegel sehen. Es fördert die Aktivierung der Spiegelneuronen.
Es werden zwei Elektroden auf die betreffende Muskelgruppe platziert, z.B. Dorsalextensoren. Nimmt das System eine korrekte Bewegungsvorstellung wahr, so wird zusätzlich zum virtuellen Feedback (Avatar) eine funktionelle Elektrostimulation als Feedback gegeben. Dadurch werden jene Muskeln aktiviert, die aufgrund des beschädigten Motorkortex der PatientInnen nicht mehr auf natürlichem Weg aktiviert werden können.
Um eine Therapiesitzung mit recoveriX durchzuführen, benötigt es lediglich einen Tisch, auf welchem das System aufgebaut werden kann (etwas mehr Platz als für einen Laptop). Der Patient sitzt am Tisch – Position verschieden, jenachdem ob obere Extremität oder untere Extremität trainiert wird.
Auf dem Laptop kann nun das Datenblatt des jeweiligen Patienten ausgewählt werden, auf welchem sämtliche Ergebnisse der vorherigen Sitzungen ausgewertet und gespeichert werden. Anschließend wird ausgewählt, welche Extremität und welche Bewegungsart trainiert werden soll.
Ist dies geschehen setzt der Therapeut dem Patienten/ der Patientin die EEG-Haube auf und befüllt die Elektroden mit Gel um einen Kontakt zur Kopfhaut für die Signalübertragung herzustellen. Das System gibt am Bildschirm Rückmeldung über die Signalqualität der einzelnen Elektroden.
Nun werden die Elektroden für die funktionelle Elektrostimulation auf der betreffenden Muskelgruppe platziert, und individuell die Pulsweite und Frequenz für den jeweiligen Patienten eingestellt.
Dieser Aufbau des Therapiesettings dauert, bei geübten Therapeuten nicht länger als fünf Minuten. Ein Behandlungsdurchlauf dauert etwa 10 Minuten. Empfohlen werden mind. 2-3 Durchläufe pro Therapiesitzung. Je nach Belastbarkeit sind jedoch auch mehrere Durchläufe möglich. Daraus ergibt sich eine optimaler Therapiezeitraum von etwa einer Stunde.
Dieser Modus wird bei den ersten 1-3 Therapiedurchläufen verwendet. Er dient hauptsächlich dazu um den Patienten an das recoveriX-System zu gewöhnen und ein Gefühl dafür zu entwickeln wie man sich eine Bewegung vorstellt. Darüberhinaus adaptiert sich auch das System an den jeweiligen Patienten und „lernt“ wie sich der Patient die Bewegung vorstellt.
Das Feedback wird in diesem Modus auch dann gegeben wenn der Patient sich die Bewegung nicht „korrekt“ vorstellt, daher sollte dieser Trainingsmodus nur für die ersten Durchläufe verwendet werden.
Dieser Modus ist für fortgeschrittenere Patienten. Das Feedback wird nur solange gegeben wie die Bewegungsvorstellung korrekt detektiert werden kann. Das bedeutet für den Patienten, dass wenn er/ sie sich die Bewegung 2 Sekunden korrekt vorstellt wird 2 Sekunden Feedback gegeben, bei 6 Sekunden korrekter Vorstellung gibt es 6 Sekunden Feedback usw.
Grundsätzlich kann jeder Patient, welcher einen Insult erlitten hat, recoveriX anwenden. Natürlich vorrausgesetzt er/sie ist kognitiv in der Lage sich eine Bewegung vorzustellen. Weitere Faktoren um recoveriX anwenden zu können sind unter anderem:
Alle PatientInnen werden speziell ausgetestet. Daraus resultierend wird individuell entschieden, ob die Therapie für den/die PatientIn geeignet ist.
Bei recoveriX handelt es sich um ein komplettes System, das mit allen notwendigen Komponenten ausgeliefert wird und keine weiteren externen Geräte oder Teile benötigt.
Durch die von speziell entwickelte EEG-Haube wird das Messen der Hirnströme besonders einfach! Auf der Haube befinden sich 16 aktive Elektroden, wodurch das Signal jeder einzelnen Elektrode vorverstärkt wird. Dies trägt zu einer stärkeren und artifaktfreieren Signalübertragung bei. Aufgrund der Gelelektroden muss auch die Kopfhaut nicht vorbereitet werden.
Die Elektrodenposition ist auf den individuellen motorischen Kortex abgestimmt.
Das durch die EEG-Haube gemessene und vorverstärkte Signal wird durch den Biosignalverstärker nochmals verstärkt und zum PC weitergeleitet.
Im System sind zwei Elektrostiumulatoren enthalten (für rechte und linke Extremität). Bei den Elektroden handelt es sich um Standard-Klebeelektroden, in unterschiedlichen Größen, individuell für die jeweilige Muskelgruppe.